Impuls
"Das" Lassalle-Haus gibt es nicht
Von Toni Kurmann SJ
Direktor Lassalle-Haus Bad Schönbrunn
„Transformation ist das moderne Zauberwort. Veränderung.“, diagnostiziert mein Mitbruder und Mitbewohner im Lassalle-Haus, Wilfried Dettling, in einem lesenswerten Impuls-Text. Und fasst für mich zusammen, was das Lassalle-Haus so zeitlos-zeitgemäss macht: Es ist der Ort, an dem Veränderung möglich wird. Meistens allerdings auf völlig andere Weise, als es Change-Agents und Veränderungs-Arbeiter erwarten und mühevoll planen.
Veränderung kann geschehen, weil sie hier ihren Raum findet. Weil sich Menschen mit unterschiedlichsten Prägungen begegnen. Manche von Ihnen begegnen dabei zum ersten Mal auch sich selbst.
Eine Weihnachts-Email berührt mich besonders: „Ich bin so dankbar, Euch und das Lassalle-Haus kennengelernt zu haben… Mich stärkt es zu wissen, dass es solche besonderen und nicht in Worte zu fassende Orte wie das Lassalle-Haus gibt.“
Wenn ich in diesem Jahr eines gelernt habe, dann: Das Lassalle-Haus gibt es gar nicht. Es gibt ganz viele Lassalle-Häuser, genauso viele, wie es Menschen gibt, die eine persönliche Verbindung zu diesem wundersamen Ort haben. Eine eigene Geschichte, Erfahrungen, Sehnsüchte.
Deutlich wurde das, als wir eine erste Veranstaltung zum Thema Bitcoin planten. Wieviele Menschen hatten sich spontan gemeldet... Und nein, ihre Reaktionen waren zwar leidenschaftlich, aber keineswegs freundlich. Diese Menschen waren im höchsten Mass irritiert, verärgert, alarmiert.
Was soll das?, fragten sie sich und uns. Ist das überhaupt noch mein Lassalle-Haus?
Für diese Rückmeldungen möchte ich unbedingt noch einmal danke sagen. Sie waren ein schmerzhaftes, wertvolles Geschenk. Wir mussten uns eingestehen, dass wir die Chance verspielt hatten, unsere wichtigsten Verbündeten mitzunehmen – und dürfen uns gleichzeitig glücklich schätzen, so viele echte Freunde zu haben, denen es überhaupt nicht egal ist, sondern die Anteil daran nehmen, was in ihrem Lassalle-Haus geschieht.
In einer Welt der grossen Gleichgültigkeit ist das von unfassbarem Wert.
Das Lassalle-Haus Bad Schönbrunn befindet sich gerade in einem Übergang, es geht in eine neue Generation. Vergleichsweise gut durch Covid gekommen, haben uns die turbulenten Wirbelschleppen der Pandemie verzögert gepackt. Das tut weh. Das ging und geht nicht geräuschlos.
Veränderung gelingt dann, wenn das Kernanliegen lebendig bleibt und Energie gibt. Das ist auch Aufgabe von uns Jesuiten, die wir gern im Haus leben und damit – immer im Zusammenspiel mit anderen – seinen ureigenen Rhythmus prägen. Aus einer bald 500-jährigen Ordenstradition bringen wir unsere eigene Spiritualität und Wissen ein – unsere ignatianische Lebens-Weisheit ist einer von mehreren Wegen im Lassalle-Haus. Aber es ist eine beglückende Bestätigung, wie vielen Menschen es ein Anliegen ist, diesen ignatianischen Geist im Haus zu wissen und wahrzunehmen.
Wir als Jesuiten-Gemeinschaft können alleine nicht viel ausrichten. Dazu braucht es viele Menschen, die nicht nur einen Job machen, sondern sich engagieren. Damit ist das Lassalle-Haus auch ein Haus der vielen Gesichter: all jener Menschen, die sich an unterschiedlichsten Stellen jeden Tag neu dafür einsetzen (und dabei oft genug über sich hinauswachsen), damit das Aussergewöhnliche wie selbstverständlich geschehen kann.
Damit sich Veränderung entfalten kann.
Gemeinsam wollen wir auch weiterhin verlässliche, inspirierende Gastgeber sein. Weltoffen und un-ideologisch soll das Lassalle-Haus ein Kraft- und Sehnsuchtsort für viele bleiben und neu werden: ein Ort der Stille und des Dialogs, für Menschen, die neugierig sind und auf der Suche, mit unterschiedlichsten Biografien und Denkschulen.
Mein Mitbruder Niklaus Brantschen hat es kürzlich in seiner unverkennbaren Art auf die Formel gebracht: „Im Lassalle-Haus sollen Menschen immer erfahren dürfen, wie leben geht.“
Damit das Leben gelingt: Ganz in diesem Sinn wünsche ich Ihnen und uns allen ein gutes Jahr 2025, mit wunderbaren Begegnungen, Erfahrungen und Einsichten. Danke, dass Sie uns gewogen bleiben – und uns weiterhin kritisch begleiten.
Ich freue mich über jede Email und hoffe, Sie schon bald an einem der schönsten Veränderungs-Orte begrüssen zu dürfen: Herzlich willkommen im Lassalle-Haus Bad Schönbrunn!