11.12.2020 09:35

Hans-Walter Hoppensack - Leben als Christ und Zen-Lehrer

«Gott braucht keine Diener. Vielmehr dient ER uns, so wie Jesus seinen Jüngern die Füsse wusch.» So startet Hans-Walter Hoppensack in die Gottesdienst-Predigt im Lassalle-Haus. Nach der Predigt stimmt er ein Lied aus der Sufi-Tradition an, in dem Gott „Allah“ genannt wird. Allah ist schliesslich der Name des abrahamitischen Gottes, einfach in arabischer Sprache. Der ehemalige reformierte Gemeindepfarrer der Glarner Gemeinde Schwanden geht unkonventionelle Wege und überrascht mit seiner unaufgeregten und humorvollen Art. Seit vielen Jahren leitet er Zen-Kurse im Lassalle-Haus und führt Interessierte in den Zen-Weg ein.

Nach dem Verlassen des Pfarramts haben ihm die vielen Beziehungen zu den Menschen seiner Gemeinde gefehlt. Doch es gibt für Hoppensack eine neue Gemeinde, die «Sangha». Die Gemeinschaft ist aus den gemeinsamen Zazenkais und Sesshins gewachsen. «Miteinander ein Sesshin durch zu sitzen ist eine starke Gemeinschaftserfahrung. Aus meiner Sicht intensiver als der Besuch eines Gottesdienstes – auch wenn die Teilnehmenden während des Kurses nicht sprechen.»

Wie geht er mit der Spannung im Dasein als Christ und Zen-Lehrer um? Lässt sich das vereinbaren? «Es ist vieles kompatibel – je nachdem wie man Jesus versteht. Aus meiner Sicht wollte er, dass wir glauben «wie er» und nicht, dass man «an ihn» glaubt. Seine Gottesbeziehung ist beispielhaft für die Gottesbeziehung eines jeden Menschen. So sagte Jesus: Ihr seid das Licht der Welt, ihr seid Kinder Gottes, wenn euer Glaube nur so gross wäre wie ein Senfkorn, könntet ihr Berge versetzen. Da glaube ich ihm, und insofern halte ich mich für einen Christen.», meint Hoppensack im Gespräch.

Auch in Verbindung mit Zen verweist der ehemalige Pfarrer auf die Bibel. Da heisst es, dass der Geist Gottes in uns wohnt und unsere Körper Tempel des Heiligen Geistes sind. Dies ist eine Position, die sich gut mit dem Zen-Verständnis vereinen lässt. Im Zen heisst es, Form ist nichts anderes als Leere. Doch wie steht es um die lebendige Gottesbeziehung, die für viele Christen zentral ist?  «Eine persönliche Beziehung gibt es so im Zen nicht. Doch diese verschwindet auch in der Erfahrung christlicher Mystiker. Am Ende manifestiert sich die Erfahrung der Einheit. Die Grenze zwischen Schöpfer und Geschöpf löst sich auf.»

Für Hoppensack ist Zen eine ernste Sache. Vor allem eine, die den vollen Einsatz erfordert. In der Regel bleiben nur die sitzen, die es richtig gepackt hat und die gar nicht anders können, als diesen Weg zu gehen. Es hat etwas Schicksalhaftes und Unbedingtes.

Im Gegensatz zum Geistlichen Begleiter bei christlichen Erfahrungswegen nimmt beim Zen das Schüler-Meister-Verhältnis eine wichtige Rolle ein. Die Frage stellt sich aber erst nach einer gewissen Zeit der Einübung. Sobald klar ist, dass Zen der persönlich passende Weg ist, schliesst sich der Schüler einem Lehrer an. Doch was heisst das konkret? Hoppensack betont: «Die Schüler-Lehrer-Beziehung ist kein Abhängigkeitsverhältnis. Ich habe es zumindest mit meinen beiden Lehrern Niklaus Brantschen und Anna Gamma nicht so erlebt. Der Lehrer macht Korrekturen, unterstützt und gibt Impulse im richtigen Moment. Damit macht der Schüler, was für ihn richtig ist. Ausserdem sehen Lehrer und Schüler sich ja nur in grösseren Abständen. Der Weg wird selbständig gegangen. Als Lehrer erlebe ich es immer wieder, dass ich von meinen Schülern lerne. Es handelt sich nicht um eine Einbahnstrasse, auch wenn das von aussen so aussehen mag.»

Für Zen-Einsteiger geht es aber erstmal darum, sich an das Sitzen am Boden zu gewöhnen und mit der Gedankenflut in der Stille klar zu kommen. Sich für 25 Minuten mal nur auf den Atem zu konzentrieren, kann ganz schön langatmig sein. «Und jetzt bitte lächeln» spricht der Zen-Lehrer Hoppensack trocken, bevor es in die nächste Sitzeinheit geht. «Lächelt in euren Atem hinein. Zug um Zug.»

Samuel Hug

 

Geplante Zen-Kurse im Lassalle-Haus mit Hans-Walter Hoppensack

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